Leserbrief im Bonner General-Anzeiger

zum Interview mit Peter Wohlleben vom 26. September 2019

Ja, schon sehr gut das Interview mit unserem Berufs- und Forstamtskollegen Peter Wohlleben. Nur eines verletzt mich dabei: Peters Alleinvertretungsanspruch für naturnahe Wälder und ökologische Waldbewirtschaftung. Schon bei der ersten Frage greift Peter alle seine Kollegen frontal an, er ist der einzige der für die Natur einsteht.

Ich nehme mal an, dass Peter die 160jährige Buche, neben der er steht weder selbst gepflanzt noch selbst behütet hat. Nicht einmal in seinem vorherigen Leben als Förster der Gemeinde Hümmel. Also muss doch wohl schon ein Förster vor ihm alles richtig gemacht haben. Oder sogar mehrere. Der 1.100 Hektar große Wald der Gemeinde Heckenbach, den ich seit mehr als 30 Jahren betreue, hat fast 200 Hektar (das ist so viel wie der ganze Hambacher Forst) über 160 Jahre alter Buchen. Die haben wir nicht alle abgehackt und in Fichtenplantagen umgewandelt. Die 300 Hektar Eichenniederwald übrigens auch nicht. In diesen 30 Jahren ist kein einziger Kahlschlag getätigt worden und kein einziger Hektar Laubwald in Fichtenplantagen umgewandelt worden. Ganz im Gegenteil wurden Fichtenwälder mit Buche angereichert und Fichten-Windwurfflächen mit Eschen, Bergahornen, Buchen und Weißtannen aufgeforstet.

Um es mit einem Satz von „Sting“ zu sagen: The Russians love their children too. Will sagen, ja, andere Förster lieben ihren Wald auch. Und bewirtschaften ihn waldverträglich und naturnah. Nicht umsonst haben wir heute Schwarzstorch, Milan, Uhu, Wildkatzen im Wald wie nie zuvor. Auch in Heckenbach. Und ich bin auch noch stolz darauf.

Peter Wohlleben sollte das wissen, denn er war ja mal Vorsitzender der ANW-RLP, der Arbeitsgemeinschaft naturgemäße Waldwirtschaft. Darin sind auch mehr als 100 staatliche Förster Mitglieder. Die alle naturverträglich arbeiten.

Dasselbe bei der Frage 8: Die klassische Forstwirtschaft hat versagt. Nein, das hat sie nicht! Peter Wohlleben greift die Forstwirtschaft der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts an. Aber die hat sich längst geändert, auch wenn er das noch nicht bemerkt zu haben scheint. Buchen und Eichen werden auch bei anderen Förstern natürlich verjüngt, Mischbestände geschaffen, wo vorher Monokulturen waren. Aber der Waldumbau ist keine Sache, die man mal schnell zwischen Frühstück und Mittagessen erledigt. 100 bis 150 Jahre alte Wälder benötigen Generationen für einen schonenden Umbau wenn man wie wir alle auf Kahlschläge verzichtet.

All diese Dinge weiß auch unser Kollege Peter Wohlleben. Warum er sich trotzdem aufs „Försterbashing“ verlegt und sich nicht mit seinen Kollegen verständigt (ich selbst wurde bei einer seiner „Informations“Veranstaltungen wieder ausgeladen) kann wohl nur so erklärt werden, dass man nur mit schonungsloser Kritik an allen anderen zum einzigen „Waldgott“ werden kann.

Jürgen Wagner-Küpper