Bericht zur Exkursion im Wald des Grafen Walderdorff

Mischbaumarten

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Waldbegang am 1. Oktober 2024 mit Dirk Röller, Revierleiter bei Graf Walderdorff     

 

Die Trocken- und Warmjahre ab 2018 haben in Rheinland-Pfalz besonders im Westerwald zu erheblichen Waldschäden mit Kahllagen geführt. Dazu kommen Schadflächen, die bereits Kyrill 2007 angerichtet hat. Auch der Graf Walderdorff‘sche Wald  mit einer Betriebsgröße von 530 ha war durch die Kalamitäten stark betroffen. So nahm die Fichte von 2014 von 36 % auf 9 % 2024 ab. 50 % des Betriebes  hat sich ungeplant wieder in die I oder II Altersklasse verjüngt. Der Nutzungssatz liegt nur noch bei 3,8 EFm/a/ha.

Ziel der Exkursion am 1.10.2024 war ein Betriebsteil von 89 ha auf dem Ruhscheid östlich der alten Pfarrkirche auf dem Schönberg bei Westerburg-Kölbingen. Lag dieser Teilbetrieb um 1900 noch in der submontanen Wärmestufe, hat die bereits stattgefundene Klimaerwärmung dazu geführt, dass er heute in der kolline Stufe liegt, mit allen Folgen, besonders für die Fichte. Der jährliche Niederschlag ist dagegen mit über 1000 mm für rheinland-pfälzische Verhältnisse hoch. Die Standorte aus Basaltverwitterungslehmen, teilweise mit Bims überlagert und z. Teil staunass, sowie Auenböden entlang des Otterbach sind gut Nährstoff-versorgt.

Thema der gut besuchten Exkursion war die Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen in einem Privatwald. Revierleiter Dirk Röller führt auf einem hervorragend vorbereitenden Parkour anhand von 4 Bildern mit 18 Info- Beobachtungs- und Diskussionspunkten, die komplette Problematik von der Anreicherung bereits vorhandener Naturverjüngung, der Auspflanzung mit Kleinklumpen, der Pflege gegen die sehr wüchsigen Rubusarten, bis zur Ringelung zur starker Bedränger der Zielbaumarten und die Nachqualifizierung von Vorwüchsen durch Astung vor. Überlebende Bäume der Vorbestände wurden konsequent als Schattenspender, Strukturelemente und Samenspender erhalten. Wichtig war dem Betrieb der Neuaufbau eines vielfältig gemischten Waldes mit über 30 Baumarten, darunter auch immer wieder in kleiner Zahl Gastbaumarten wie Zerreiche, Tulpenbaum oder Baumhasel oder heimische Wildobstarten, und der Ausbau einer guten Struktur unter Einbeziehung der Pionierbaumarten bereits in einem frühen Stadium im Übergang von der Etablierungs- zur frühen Qualifikationsphase. Zum Schutz vor Rehwild wurde punktuell bei besonders gefährdeten Baumarten mit Kleingattern oder Wuchshüllen gearbeitet. Wie so oft waren hohe Rehwildbestände und deren Bejagungsmöglichkeiten ein heißes Diskussionsthema. In Verbindung mit der umliegenden Feldflur und den wuchsfreudigen Standorten ist hier ein Rehwildhabitat entstanden, dass sich in den unübersichtlichen Strukturen nur sehr schwer bejagen lässt. 

Probleme bringen Schneedruck bei überwachsender Brombeere oder Waldgeißblatt als Schlingpflanze, die – auch nach Meinung der Exkursionsteilnehmer –unterstützende Pflegeeingriffe erforderlich machen. Und was ist mit den partiell überdichten Fichtenverjüngungsgruppen? Sollte man die vereinzeln oder differenzieren die sich natürlich ausreichend, um die Fichte als mindestens Zeitmischung in Wert zu setzen. Als Nadelbäume wird nun auf Weißtanne, Douglasie, Lärche (die sich häufig gehalten hat), Küstentanne, aber auch auf Atlaszeder und Eibe gesetzt. Die Sicherung von wertvollen Mischwuchsarten erfordert bei dominierender Wuchsdynamik konkurrierender Baumarten helfende Eingriffe, aber auch die frühe Entscheidung, welche Baumart an diesem Wuchsort letztendlich zum Zielbestand gehören soll. Dann wieder erfordert die Verbuschung, besonders von Wildobst und Elsbeere Pflegeschnitte oder die Erhaltung einer Wertoption eine Astung. Besonders anschaulich waren das Nebeneinander von älteren Jungwüchsen aus Kyrill-Schadflächen und Kultur und Jungwuchsflächen aus dem Zeitraum 2018-2020. Und wie entspannt entwickelt sich dagegen der Jungwuchs dort, wo sich noch ein funktionaler Schirm erhalten hat. 

Ehrfürchtig, aber auch deutlich erschreckt nahmen die Exkursionsteilnehmer den finanziellen Investitionsaufwand zur Kenntnis, den sich der Betrieb leistete und leistet um wieder die Basis für einen ökologisch diversen und dabei leistungsstarken und hoffentlich stabilen Wald aufzubauen. 

Eine gelungene Exkursion – die ANW-RLP bedankt sich bei Revierleiter Dirk Röller für die Führung.